Was brauchen Kinder und Jugendliche, um ihren Weg selbstbewusst zu gehen? Um in Konflikten klar zu bleiben, sich selbst zu behaupten und sich für andere stark zu machen? Soziale und emotionale Kompetenzen, entscheiden heute mehr denn je darüber, wie junge Menschen ihre Welt mitgestalten. Ob in der Schule, im Freundeskreis oder später im Beruf.

Viele Kinder und Jugendliche erleben im Alltag jedoch kaum Gelegenheiten, diese Fähigkeiten auszuprobieren und zu stärken. Besonders dann kommt es darauf an, Räume zu schaffen, in denen sie spüren: Ich werde gehört. Ich kann etwas bewirken. Ich bin nicht allein.
Das Programm „Chancenpatenschaften“ der Stiftung Bildung, das im Rahmen des Bundesprogramms “Menschen stärken Menschen” des Ministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird, ermöglicht solche Räume. Überall in Deutschland engagieren sich Menschen in vielfältigen Projekten dafür, dass Kinder und Jugendliche ihre Stärken entdecken, voneinander lernen und gemeinsam wachsen können. Sie begegnen sich in Tandems, übernehmen Verantwortung füreinander und erleben, was es heißt, für sich selbst und andere einzustehen. Es geht um Selbstvertrauen, um Gefühle, um faire Konfliktlösung und um das Erleben von Gemeinschaft. Drei Beispiele zeigen, wie solche Begegnungen aussehen können und wie viel in ihnen steckt.
Ein Boxring als Lernraum für Respekt

In einem Jugendzentrum in Niedersachsen trifft körperliches Training auf innere Entwicklung. Jugendliche ziehen sich die Handschuhe über, nicken einander zu, stellen sich dem nächsten Sparring. Dabei geht es nicht ums Gewinnen. Die Aufmerksamkeit liegt auf Haltung, auf Respekt und auf dem Umgang mit Gefühlen.
Die Teilnehmenden kommen aus sehr unterschiedlichen Lebensrealitäten. Im Tandem lernen sie, sich aufeinander zu verlassen und ihre Emotionen zu kontrollieren. Beim Seilspringen und Sandsacktraining erleben sie ihre eigenen Grenzen und die der anderen.
Der Boxring wird zu einem Ort, an dem das Vertrauen in die eigene Kraft wächst. Ein Jugendlicher sagt: „Früher habe ich bei Stress gleich zugemacht. Jetzt kann ich das besser aushalten und ruhig bleiben.“ Für viele ist das Training eine neue Erfahrung. Sie lernen, dass Stärke nicht darin liegt, sich durchzusetzen, sondern sich selbst gut zu kennen.
Kleine Entscheidungen mit großer Wirkung im Kita-Alltag

In einer Kita in Hamburg spielen zwei Kinder gemeinsam ein Rollenspiel. Eine Figur will die andere zu etwas überreden. Die sagt ganz deutlich: „Ich will das nicht.“ Die pädagogische Fachkraft beobachtet die Szene und lächelt. Dieses klare Nein ist Teil eines Workshops zu Resilienz und Selbstbehauptung, in dem sich die Kinder spielerisch mit ihren Gefühlen und Grenzen beschäftigen.
Im Tandem erleben jeweils zwei Kinder mit unterschiedlichen Stärken und Erfahrungen den Kita-Alltag gemeinsam. Sie helfen sich beim Anziehen, hören einander zu und lernen, wie sie achtsam miteinander umgehen können. Die Übungen und Gespräche machen Mut, die eigenen Empfindungen auszudrücken und gleichzeitig auch die der anderen wahrzunehmen.
Schon nach wenigen Tagen beobachten die Fachkräfte, dass die Kinder rücksichtsvoller miteinander umgehen. Sie sprechen häufiger darüber, was sie fühlen, und lösen kleinere Konflikte selbstständig. Die frühzeitige Auseinandersetzung mit Gefühlen wirkt nicht nur im Spiel, sondern auch im Zusammenleben in der Gruppe.
Wenn ein Löwe Mut macht: Mobbingprävention in der Grundschule
In einem sächsischen Klassenzimmer sitzt eine zweite Klasse in einem Kreis. Vor ihnen liegen verschiedene Stofftiere. Jedes steht für ein Gefühl. Der „Grummelhund“ symbolisiert Unsicherheit. Das „Motzeschaf“ verkörpert Wut. Und der kleine Löwe steht für innere Stärke.
Mit diesen Symboltieren üben die Kinder, ihre eigenen Gefühle besser zu verstehen. Sie entwickeln Strategien, um in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben. In Übungen zur Körpersprache lernen sie, wie sie sich mit klarer Haltung und einem festen Blick behaupten können. Die Tandems spielen auch hier eine wichtige Rolle. Kinder tauschen sich aus, geben sich Rückhalt und erleben, dass sie nicht allein sind. Dadurch wächst die Klasse ein Stück mehr zusammen.
Was junge Menschen heute lernen, stärkt unsere Gesellschaft von morgen
Ob beim Boxen, im Morgenkreis der Kita oder mit einem Stofflöwen in der Hand. In all diesen Projekten entsteht etwas, das über den Moment hinausreicht. Kinder und Jugendliche lernen, wie sie mit Herausforderungen umgehen können, wie sie sich selbst behaupten und andere stärken. Sie erfahren, was es heißt, füreinander da zu sein, mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen.
„Chancenpatenschaften“ leisten damit einen wichtigen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Sie setzen dort an, wo junge Menschen Halt, Orientierung und Ermutigung brauchen. Sie fördern Selbstwirksamkeit, Resilienz und Empathie – Fähigkeiten, die nicht nur individuell stärken, sondern auch unser gesellschaftliches Miteinander tragen.
Mehr erfahren und mitmachen: www.stiftungbildung.org/patenschaften
Autor*in: Stiftung Bildung