Medienkompetenz und Desinformation in Pat*innenschaften

Ein Fokusgruppengespräch mit Grenzenlos Digital e.V.

Im Mai und Juni dieses Jahres setzte das BBE-Projekt »Pat*innen, Mentor*innen, Lots*innen: Engagement fördern – Demokratie stärken – gesellschaftlichen Zusammenhalt unterstützen« das Format „Tandem-Projekte im Austausch“ fort, bei dem Projektkoordinator*innen im Rahmen des Bundesprogramms „Menschen stärken Menschen“ in Fokusgruppen-Gesprächen über relevante Praxisfragen diskutieren können. Bereits 2023 und 2024 hatte das BBE die Erkenntnisse aus solchen Gesprächsrunden in Form von Kurzpublikationen veröffentlicht. 2025 wird die Publikationsreihe fortgesetzt.

In vier verschiedenen Fokusgruppen fand ein Austausch über praktische Fragestellungen hinsichtlich Chancen, Potenzialen und Herausforderungen rundum Pat*innenschaften statt. Themenschwerpunkte bildeten die Teilhabe in und durch Pat*innenschaften, generationenübergreifendes Lernen, die Förderung von Medienkompetenz und die Stärkung von Resilienz durch Peer-to-Peer-Ansätze. Auftakt zur Diskussion bot ein kurzer Impulsvortrag mit relevanten inhaltlichen Anknüpfungspunkten.

Im Rahmen der Fokusgruppe „Mit Pat*innenschaften Medienkompetenzen fördern“ hat Dr. Violeta Trkulja von Grenzenlos Digital e.V. einen Impuls zum Thema Desinformationen verstehen und begegnen gegeben. Grenzenlos Digital e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für die Förderung von digitalen Kompetenzen mit dem Ziel der gesellschaftlichen Teilhabe und der digitalen Gerechtigkeit einsetzt. Durch den Input wurde deutlich: Desinformation begegnet Menschen, die eine Pat*innenschaft eingegangen sind im persönlichen Gespräch, beim Scrollen durch den Social-Media-Feed oder durch weitergeleitete Nachrichten. Doch wie Menschen darauf reagieren, hängt stark davon ab, wer sie sind, was sie glauben und in welchem Kontext sie sich befinden.

Tandems leben vom Dialog und dieser Dialog kann auch ein Schutzraum gegen Desinformation sein. Menschen unterschiedlichen Alters, mit vielfältigen Bildungsbiografien, Migrationsgeschichten und sozialen Erfahrungen kommen in Pat*innenschaften zusammen, was zu herausfordernden Situationen führen kann. Sehr wahrscheinlich begegnen den Tandems Desinformationen auf ganz unterschiedliche Weise, über verschiedene Kanäle, Formate und mit jeweils eigenen Deutungen. Diese Unterschiede in der Wahrnehmung und Bewertung können zu Missverständnissen, Unsicherheiten oder sogar Konflikten führen. Um Pat*innenschaften wirkungsvoll begleiten zu können, ist es deshalb wichtig, diese Unterschiede zu erkennen und zu berücksichtigen – und Räume zu schaffen, in denen gegenseitiges Verständnis, kritisches Nachfragen und gemeinsames Lernen möglich sind.

In ihrem Vortrag hat Dr. Violeta Trkulja den am Austausch beteiligten Projektkoordinator*innen aufgezeigt, wo und wie Menschen im Alltag mit Desinformation in Berührung kommen und wie sie damit umgehen können. Dabei hat sie die folgenden Punkte hervorgehoben:

Was Projektkoordinator*innen tun können:

  • Falschinformationen als auch Verschwörungserzählungen werden nicht immer als solche erkannt. Zudem vermischen sie Wahres und Falsches und beide Phänomene verstärken sich gegenseitig: Falschinformationen machen Menschen unsicher, Verschwörungserzählungen geben ihnen scheinbar einfache Antworten.

  • Menschen unterschiedlicher Altersgruppen bewegen sich in verschiedenen digitalen Umgebungen. Was für die eine Generation eine vertrauenswürdige Quelle darstellt, ist für die andere völlig unbekannt – oder sogar ein Warnsignal. Medienwelten, Kommunikationsstile und Vertrauensanker unterscheiden sich stark.

  • Desinformationsverhalten ist situativ: Ob jemand eine falsche Information teilt, ignoriert oder hinterfragt, hängt nicht nur von Wissen oder Alter ab – sondern auch von Emotionen, Stress, kognitiven Verzerrungen und sozialen Einflüssen.


Pat*innenschaften weisen großes Potenzial zur Stärkung von Medienkompetenz auf. Projektkoordinator*innen können dazu beitragen, indem sie Austauschräume schaffen, in denen über Informationen und Unsicherheiten gesprochen werden kann. Tandems können für unterschiedliche Medien- und Vertrauenswelten sensibilisiert werden. Dazu sollten praktische Gesprächsstrategien bereitgestellt und Expert*innen und lokale Netzwerke zur Unterstützung eingebunden werden.

Autorin: Dr. Violeta Trkulja (Grenzenlos Digital e.V.), Naomi Mebus (BBE)